Staatstrojaner: Kein gutes Pferd
Die Tage muss sich der Bürger noch mehr Luft zufächeln. Der warme Sommer hält die Republik noch fest im Griff, da pustet auch durch das Parlament ein heißer Wind. Die Rede ist vom Gesetz zum Staatstrojaner. Eine Schadsoftware, die entwickelt wurde, um Informationen von technischen Geräten unbemerkt zu beschaffen. Der Nutzer soll einfach weitermachen wie bisher und falls die Taten böse waren, wird der gutmütige Staat diesem Verbrecher das Handwerk legen. Nun ist die Beschaffung von strafrechtlich Relevanter Information in der Tat das tägliche Brot von Ermittlern. Diese gehen hin, beobachten und dürfen vielerlei nicht. Sie dürfen nicht in Wohnungen einbrechen, sie dürfen Menschen nicht zu Aussagen nötigen. Doch es gibt Ausnahmen: Wenn eine ernste Bedrohungssituation besteht (auch „Gefahr im Verzug“), die beispielsweise Menschenleben bedroht, so darf der Ermittlungsbeamte aufgrund einer berechtigten Annahme ausnahmsweise die rote Linie übertreten und handeln. So etwas wird bei der Polizei jedoch nicht leichtfertig und schon gar nicht in Massen angewandt. Hier kommt der Staatstrojaner ins Spiel. Dieser Schädling kann potentiell alle Bürger und Unternehmen angreifen und führt „Ermittlungen“ durch, deren Dauer als auch rechtlicher Ermessensspielraum schnell verschwimmen können. Das Gesetzt sieht eine Vielzahl von Delikten vor, in denen ein Staatstrojaner legal eingesetzt werden darf. Die Liste ist lang und kann hier betrachtet werden. Während Mord noch irgendwo verständlich sein könnte, ist Betrug sicherlich kein Verbrechen, welches eine solch massive Überwachung rechtfertigt.
Vom Missbrauchspotential abgesehen, gibt es einen viel größeren Aspekt zu beachten: Hat nicht erst WannaCry gezeigt, dass von staatlichen Institutionen ausgenutzte Lücken eine Bedrohung für die Sicherheit aller sein kann? Wie rechtfertigen die sogenannten Experten im Bundestag, dass alle eigenen Bürger vom Staat einer potentiellen Bedrohung und Missbrauch von, nennen wir es beim Namen, Schadsoftware ausgesetzt sind, nur um dem Staat mehr Potential zur Spionage einzuräumen? Dieses Stück Software gehört aus gutem Grund verboten und vielmehr sollten Demokratie und das Miteinander gestärkt werden. Denn viele echte Verbrechen haben auch nicht selten einen traurigen Hintergrund – keiner wollte so richtig hinsehen.