Japaner und Europäer wollen ihre gemeinsamen Aktivitäten zum autonomen Fahren verstärken und sich zukünftig an einem Runden Tisch austauschen. Auf Einladung der Hochschule Kempten und der Gesellschaft zur Förderung des Forschungstransfers (GFFT) kamen am 16. und 17. Juni 2016 rund 50 internationale Experten aus Wissenschaft und Industrie zur ersten Sitzung zusammen. Unterstützt wurde die Veranstaltung durch die AVL List GmbH.
Die automobile Fachwelt ist sich einig: Das autonome Fahren wird die Zukunft der Mobilität prägen und neue Chancen bieten. Doch bei der Frage, welchen Nutzen die Menschheit aus dem autonomen Fahren ziehen wird, gehen die Meinungen auseinander. In der Antizipation von globalen Nutzungsszenarien und der gesellschaftlichen Auswirkungen liegt allerdings der Schlüssel, um das fahrerlose Fahren erfolgreich auf den Weg zu bringen. Denn nur so können sich die verschiedenen Organisationen schon heute richtig aufstellen.
Das Ziel des Runden Tisches ist es daher, einen interdisziplinären Zugang zum Thema zu finden und gleichzeitig die internationale Zusammenarbeit von europäischen und japanischen Experten zu stärken. Während des zweitätigen Auftakttreffens im bayrischen Vöhlinschloss in Illertissen diskutierten die Teilnehmer in verschiedenen Workshops unter anderem über ethische Fragen und über die Anforderungen hinsichtlich der Verkehrssicherheit. Hierbei wurden auch die global unterschiedlichen Voraussetzungen und deren Auswirkungen auf Ballungsräume und ländlichen Gebiete erörtert.
Außerdem wurde die Frage behandelt, wie sich autonome Fahrzeuge mit beherrschbarem Testaufwand absichern lassen. Hier waren sich die Teilnehmer einig, dass neue Testmethoden entwickelt werden müssen, um die Funktionalität und Robustheit der Systeme sicherzustellen. Darüber hinaus sollte bereits die Architektur autonomer Fahrzeuge für eine bessere Testbarkeit ausgelegt werden. Das bedeutet, Systeme nicht mehr komplett zu entwickeln und anschließend zu testen, sondern einzelne Teilfunktionen zu entwickeln und diese kontinuierlich im Gesamtzusammenhang abzusichern. Herausforderung wird es dabei sein, jenseits der traditionellen Domänen die richtigen Organisationsstrukturen aufzubauen, um die sich gegenseitig beeinflussenden Teilaufgaben reibungslos zusammenzuführen.
Ein weiteres Thema des ersten Runden Tisches waren neue Geschäftsmodelle, die sich durch den Technologiesprung des selbstfahrenden Autos ergeben können. Auch hier bestand Konsens, dass Unternehmen agiler werden müssen, um auf die Umwälzungen der Digitalisierung reagieren zu können und Produkte schneller auf den Markt zu bringen.
Neben den Workshops sorgten interessante Key-Note-Vorträge für anregende Gedankenimpulse. Es referierten u. a. der Pionier des fahrerlosen Fahrens Professor Dickmanns und der langjährige Radar-Experte Holger H. Meinel. Die Initiatoren des Runden Tisches, Professor Schneider von der Hochschule Kempten und Professor Haraguchi von der Nagoya-Universität, zeigten sich äußerst zufrieden mit den Ergebnissen des ersten Runden Tisches. Professor Schneider betont: „Wir können das autonome Fahren nur aus der Mitte der Gesellschaft hervorbringen. Der Runde Tisch ist eine wertvolle Plattform, um sich international über gesellschaftliche, rechtliche und technologische Bedingungen zu verständigen.“ Der nächste Runde Tisch ist 2017 in Japan geplant.
Hochschule Kempten
Die Hochschule für angewandte Wissenschaften Kempten bildet als einzige staatliche Hochschule im Allgäu Akademiker in den Wissenschaftsbereichen Ingenieurwissenschaften, Betriebswirtschaft & Tourismus, Informatik & Multimedia sowie Soziales & Gesundheit aus. Seit ihrer Gründung im Jahr 1977 befindet sich die Bildungseinrichtung am Rande der Alpen stetig auf Wachstumskurs.
Als Reaktion auf den großen Fachkräftebedarf wurde im Sommersemester 2014 der Studiengang Fahrerassistenzsysteme eingerichtet. Intensive Wirtschaftskooperationen sorgen für eine anwendungsorientierte Ausbildung. Das im Aufbau befindliche Living Lab der Hochschule wird eine interdisziplinäre Forschungslandschaft für Fahrerassistenzsysteme und für das autonome Fahren bieten. Es holt die Zukunft ins Labor, damit Studierende und Wissenschaftler sowie Partner aus Wirtschaft und Gesellschaft hier neue Konzepte entwickeln und zur Serienreife führen können. Die moderne technische Ausstattung wird es ermöglichen, neue Methoden und Entwicklungen in sogenannten real-live Szenarien zu erproben – also exakt in jenem Umfeld, in dem sie auch später eingesetzt werden.
Gesellschaft zur Förderung des Forschuntstransfers (GFFT)
Die gemeinnützige Gesellschaft zur Förderung des Forschungstransfers e.V. verfolgt das Ziel, den Austausch zwischen Forschung und Lehre an den deutschen Hochschulen und den ansässigen Unternehmen zu fördern. Die GFFT nimmt im Umfeld von Innovationsentwicklung, marktgerechtem Einsatz und politischer Förderung eine eigenständige zentrale Funktion ein. Dazu bindet sie eine Vielzahl von Innovationspartnern zu einem übergreifenden Netzwerk zusammen und stellt Innovationsanbietern und -nutzern ein geeignetes Set an Services zur gemeinsamen Entwicklung von Innovationen an.
AVL List GmbH
AVL ist das weltweit größte, unabhängige Unternehmen für die Entwicklung, Simulation und das Testen von Antriebssystemen (Hybrid, Verbrennungsmotoren, Getriebe, Elektromotoren, Batterien und Software) für PKW, Nutzfahrzeuge und Großmotoren. AVL beschäftigt weltweit über 8050 Mitarbeiter. 2015 betrug der Umsatz 1,27 Milliarden Euro.